Diplom-Online-Journalist Daniel Höly will ein Print-Magazin gründen und sucht per Crowdfunding nach finanziellen Unterstützern.
„Ich will ein Magazin machen, das jeder von uns gerne liest.“ Nicht weniger als diesen Anspruch hat der 26-jährige Daniel Höly an seine eigene Zeitschrift Shift. Der Online-Journalismus-Absolvent der Hochschule Darmstadt hat sich viel vorgenommen. Das neue Produkt wendet sich an netzaffine junge Erwachsene und soll vierteljährlich erscheinen. Auf rund 120 Seiten sollen die Leser mit einem Mix aus Debatten, Unterhaltung und Gesellschaftsthemen begeistert werden. Dabei hat er sich von der herkömmlichen Magazinstruktur gelöst und diese durch die Rubriken „Hirn“, „Herz“ und „Horizont“ ersetzt, die Höly bereits auf seinem Blog „juiced“ verwendet. „Hirn steht für Kommentare und Debatten zu aktuelleren Themen, in Herz gibt es Unterhaltung für Zwischendurch und in Horizont findet ihr (Foto-)Reportagen und Porträts über den Tellerrand hinaus“, erklärt er seine Einteilung.
In Zeiten, in denen viele Verlage mit sinkenden Auflagenzahlen zu kämpfen haben, ist es ein Risiko, mit einem neuen Printmedium an den Start zu gehen. Viele Journalisten sehen die Zukunft der Medien im Internet, dem kann Daniel Höly aber nicht ganz zustimmen. „Trotz der Verbreitung von Internet bevorzugen viele junge Menschen Gedrucktes, wenn es um längere Artikel geht“, ist er überzeugt. Dass er ein Print-Magazin gründet, passe auch zu seinen eigenen Interessen und Vorlieben, denn Daniel Höly mag beides, Print und Online.
„Ich finde nicht, dass es bisher am Markt ein Magazin wie Shift gibt“
Das Problem von vielen Verlagen sei, dass sie Produkte herausbrächten, die nicht mehr zeitgemäß seien. „Mich hat keines der Nachrichtenmagazine wie Spiegel, Stern oder Focus angesprochen“, erzählt Daniel Höly. „Nicht, dass ich mich mit Steve Jobs vergleichen möchte – in keinster Weise – aber er hat mal etwas gesagt, das ich gut verstehen kann. Er sagte, er erschafft bei Apple Produkte, die er selbst auch gerne hätte, und genau das tue ich jetzt auch.“
Shift, das ist zum einen die offensichtliche Verknüpfung zum Internet, da es sich bei dem Wort Shift um die englische Bezeichnung für die Umschalttaste auf Tastaturen handelt. Zum anderen aber steht Shift laut Daniel Höly auch für die Veränderung in den Medien und in den Köpfen der Leser. „Shift wird nicht nur interessante, sondern auch relevante Artikel veröffentlichen – das ist ein Unterschied.“ Und trotz der geplanten ernsten und schweren Themen soll auch die Ironie und der Humor nicht zu kurz kommen.
Im Magazin werden keine kurzen Meldungen vertreten sein, „die zieht sich jeder aus dem Internet“, so Höly. Stattdessen gehe er mit der Zeit, wenn er Tweets zu aktuellen Themen in der Zeitschrift veröffentlicht. „An diesen kleinen Dingen sieht man, dass da ein Digital Native hinter dem Projekt steht“, grinst Daniel Höly. Ein Digital Native, das ist jemand, der mit dem Internet aufgewachsen ist. Was der Leser braucht, sei „Einordnung, Sachverhalte im Kontext zu betrachten, zu reflektieren und zu analysieren. Quasi einen entschleunigten Spiegel für Digital Natives“, so Höly.
Die erste Ausgabe mit dem Schwerpunktthema „Die unbequeme Wahrheit“ hat eine Auflage von 1.000 Stück. Diese wird noch nicht kommerziell im Handel erhältlich sein, sondern sie ist exklusiv für die Unterstützer des Crowdfundings. Mit Crowdfunding können Produkte, Ideen oder Projekte mit Hilfe von Geldgebern, den Crowdfundern, finanziert werden. Dies geschieht zumeist im Internet auf Crowdfunder-Plattformen.
Bezahlen konnte Daniel Höly die Autoren, die für die erste Ausgabe von Shift ihre Artikel beigesteuert haben, nicht. Dass sich trotzdem 23 Autoren fanden, die hinter dem Projekt stehen und den Aufbau von Shift unterstützen, findet Höly daher umso beeindruckender. Ziel sei es trotzdem, alle Schreiber und Fotografen ab der zweiten Ausgabe zu bezahlen.
Angefangen hatte alles mit seinem Blog „juiced“, das mittlerweile 10.000 bis 15.000 Leser hat. Eine stolze Zahl für ein Blog, das es seit fünf Jahren gibt. Zudem schreiben bereits über 40 Autoren für „juiced“. Shift hat fast komplett andere Autoren als „juiced“, darunter Journalisten, Blogger und Fachleute.
„Ich will mit dem Leser auf Augenhöhe kommunizieren“
Denkbar für die nächsten Ausgaben
– falls es welche geben sollte – wären laut Höly Themen wie „Ehe vs. Partnerschaft“ oder im Hinblick auf die kommende Bundestagswahl ein Schwerpunkt zur Piratenpartei. Das sind aber eher Anregungen, denn ab der zweiten Ausgabe haben die Leser die Möglichkeit, selbst Themen vorzuschlagen. Die Leser haben sowohl an der Entstehung des neuen Heftes als auch in der Nachbereitung bei der Blattkritik ein Mitspracherecht. „Ich will mit dem Leser auf Augenhöhe kommunizieren“, sagt Höly. In Videokonferenzen mit mehreren Teilnehmern will er sich der Kritik stellen und auf Verbesserungsvorschläge eingehen. Per Twitter oder andere soziale Netzwerke könnten andere Interessierte das Geschehen verfolgen und durch ihre Kommentare mit dem entsprechenden Hashtag ihre Äußerungen mit einbringen.
Findet das Magazin eine breite Leserschaft, möchte sich Daniel Höly aber nicht dauerhaft auf Crowdfunding verlassen. Dies dient nur als kleine Starthilfe, langfristig sollen Abonnenten, Anzeigen und Sponsoren die Zeitschrift finanzieren. Die Anzeigen will der Gründer aber im überschaubaren Maße halten. „Ich möchte nur ganzseitige Anzeigen und die sollen auch nur maximal 10% an Platz im Heft einnehmen“, so Daniel Höly. Im Gegenzug dazu wolle er höhere Preise nehmen, da das Erscheinen in Shift dann auch exklusiver sei.
Auf dem Crowdfunding-Portal „Startnext“ kann man Shift noch bis zum 17. Juli finanziell unterstützen. Bisher hat Daniel Höly 107 Spender und fast die Hälfte der 5.000 Euro, die er für den Druck und die Agentur, die das Layout der Seiten gestaltet, zusammen. Wenn die finanzielle Unterstützung reicht, wird er die erste Ausgabe von Shift Anfang August in den Händen halten. Wer das Magazin unterstützt, investiere in Meinungs- und Pressevielfalt, so Höly. „Das ist aber sehr idealistisch“, gibt er selbst zu und ergänzt: „Ich habe die persönliche Überzeugung, dass Du und Ich gerne Print lesen, wenn die Zeitschrift ansprechend gemacht ist.“
Update (12.7.2013): Daniel Höly hat’s geschafft! Er hat jetzt sogar etwas mehr als die 5.000 Euro zusammen, die er zur Verwirklichung seines Projektes braucht.
Sonja Nowack