Prof. Dr. Lars Rademacher verrät im Interview, wie er das erste Jahr im neuen Studiengang Onlinekommunikation empfunden hat, wem er dieses Studium empfehlen würden und was ihm ganz besonders in Erinnerung geblieben ist.
Wie haben Sie bei Ihrem Antritt im Wintersemester 2014 die ersten Wochen hier an der h_da und speziell im Studiengang Onlinekommunikation wahrgenommen?
Die ersten Wochen sind natürlich, sowohl für mich als auch für die neuen Studenten, sehr aufregend. Vor allem, weil man alles erst kennenlernen muss. Ich habe mich aber gleich vom Kollegenkreis sehr gut aufgenommen gefühlt. Man muss sich in das ein oder andere erst einarbeiten, wo die Kollegen überhaupt nicht denken, dass das erläuterungsbedürftig ist.
Ich war gleich davon überrascht, wie offen und engagiert die Studierenden waren. Das hat mir von Anfang an sehr gut gefallen. Zu Beginn sind viele noch etwas scheu. Ich habe hier und da gemerkt, dass die Studierenden gar nicht damit gerechnet haben, dass es so interaktiv wird und man viel miteinander macht. Viele hatten eher die Erwartung, dass man mehr zuhört und viele klassische Vorlesungen haben würde. Ich glaube, diese positive Überraschung bei den Studierenden hat sich dann geäußert, indem viele sehr engagiert mitgemacht haben. Das hat mir dann am Anfang gleich sehr viel Spaß gemacht.
Im ersten Semester waren sie als Studiengangskoordinator eingesetzt, haben diese Aufgabe aber am Ende des Semesters wieder abgegeben. Würden Sie den Job wieder machen?
Herr Pleil hatte mich gefragt, ob ich diese Aufgabe übernehmen würde, weil er ein Forschungssemester hatte und nicht hier sein konnte. Da ich selber bereits in München an meiner früheren Hochschule einen Studiengang geleitet habe, hatte ich ein wenig Vorerfahrung. Natürlich kannte ich die Hochschule mit allen Ansprechpartnern nicht, von daher war das doch sehr unterschiedlich, was man alles macht.
Aber den Job würde ich auf jeden Fall wieder machen. Es macht viel Spaß, alles zu planen und sich zu beteiligen. Man hat als Studiengangskoordinator eine ganz andere Rolle im Fachbereich. Man bekommt andere Sachen mit und ist in der fachlichen Diskussion mit den Kollegen.
Speziell zu Ihren Kursen im ersten Semester: Werden Sie bei den neuen Onkomms etwas anders vorgehen oder hat alles so funktioniert, wie Sie es sich vorgestellt hatten?
Einige Teile haben so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt habe, schon weil ich eine gewisse Vorerfahrung und ähnliche Kurse bereits unterrichtet habe. Anderes ging nicht so gut in einer großen Gruppe. Da muss man einfach anders vorgehen. Letztes Jahr hatten wir nur zwei Übungsgruppen mit je 40 Leuten. Das schränkt einen stark in seinem Tun ein. Das werden wir im nächsten Semester anders machen. Wir werden nicht ganz so viele Leute aufnehmen. Nur etwa 60 Personen. Da werden dann auch drei Übungsgruppen bei rauskommen. Damit lässt es sich auf jeden Fall besser arbeiten.
Wie würden Sie das Gesamtkonzept des Studiengangs Onlinekommunikation bewerten? Hat er Zukunftspotenzial?
Da müsste ich eigentlich zurückgreifen auf einen der MediaMonday-Vorträge, als Thomas Mickeleit von Microsoft hier war. Er hat im Prinzip, ohne, dass wir ihm das diktiert hatten, genau dies beantwortet. Man braucht heute Leute mit Kommunikationskompetenz, mit gewissem technischen Know-how und Leute, die eine didaktische Kompetenz mitbringen. Sodass Sie als gut ausgebildete Fachkräfte in Unternehmen gehen können und anderen Mitarbeitern dieses Know-how vermitteln können.
Herr Mickeleit hat das wunderbar umrissen und meinte, solche Leute bräuchten wir jetzt und keine Hochschule bildet sie derzeit aus. Da haben wir, die Dozenten, uns angeschaut und gesagt: Warten sie mal noch zwei Jahre ab, dann kriegen sie diese Leute. Ich glaube, dass die Bachelor die dieses Haus hier verlassen, sehr schnell einen Arbeitgeber finden werden. Ich denke, dass viele schon durch das Praktikum im Praxissemester ihren möglichen Arbeitgeber finden werden.
Kann der Studiengang auch in dieser Form in Zukunft funktionieren oder muss er mit der Zeit gehen?
Natürlich kann er das. In den Katalogen, die wir für die Akkreditierung einreichen müssen, haben wir bestimmte Rahmenbeschreibungen festgelegt, was ein Fach leisten soll. Dort haben wir unterschiedliche Fächer, die wir in den ersten Semestern gar nicht alle anbieten können. Dadurch werden sich diese Fächer erst über die Jahre hin in ihrer Breite aufbauen. So haben wir da schon mal einen Spielraum, fortlaufend auch neue Akzente zu setzen und eine Weiterentwicklung zu betreiben.
Außerdem aktualisieren die Kollegen ihre Lehrveranstaltungen ja permanent. Und schließlich werden wir den Studiengang irgendwann mal wieder re-akkreditieren müssen. Und spätestens da werden wir dann nochmal alles auf den Prüfstand stellen und nur das wirklich Bewährte übernehmen. Die Akkreditierung ist immer ein guter Zeitpunkt für uns, um zu sehen, was sich verändert hat und ob wir einen neuen Schwerpunkt oder etwas Ähnliches brauchen.
Wem würden Sie den Studiengang empfehlen? Was sollte man mitbringen?
Man sollte ein gewisses Interesse und Talent für den Umgang mit anderen Menschen mitbringen, vor allen Dingen für den medial-vermittelten Umgang. Aber ich würde das gar nicht so begrenzen wollen, denn ich denke, diese technischen Methoden sind zum Teil eine Verlängerung unserer eigenen Leistungsfähigkeit – unseres Körpers. Wir sehen und hören mehr und können große Distanzen überwinden. Aber ich glaube, dass der Mensch in diesem Studiengang in vielen Fällen noch im Mittelpunkt steht.
Zudem sollte man auch keine Scheu davor haben, sich vor Leute zu stellen und gerne in Gruppen zu arbeiten, denn egal ob in der Agentur oder im Unternehmen: Das wird ihre Tagesordnung sein. Sie werden ganz selten der Einzelkämpfer sein. Man muss sich zwar auch auf sich selbst und seine Fähigkeiten verlassen können aber meistens werden Sie in Gruppen arbeiten. Deswegen steht das hier auch so im Mittelpunkt.
Aber man sollte sich auch wirklich für die Hintergründe der Kommunikationstechniken interessieren und sich nicht nur auf die Rolle des Users zurückbeziehen. Denn wenn man das macht, kann es sein, dass man hier in den ersten zwei Semestern an seine Grenzen stößt.
Erinnern Sie sich noch einmal zurück. Haben Sie einen Moment, der Ihnen mit den ersten Onkomms ganz besonders in Erinnerung geblieben ist?
Da gibt es eigentlich eine ganze Reihe von Momenten. Mir ist sehr in Erinnerung geblieben, wie wir am Ende des ersten Semesters eine Vollversammlung hatten, um ein Feedback für das erste Semester zu bekommen. Das habe ich immer als sehr konstruktiv empfunden, obwohl das gar nicht so einfach ist, in einer so großen Gruppe zum Ziel zu kommen. Irgendjemand hat dann gesagt: „In der Summe eine Zwei plus“. Da dachte ich, okay, wenn wir es geschafft haben, dass ein Curriculum, das bis zu dem Zeitpunkt nur auf dem Papier stattgefunden hat, funktioniert, ist das richtig gut.
Einen zweiten Moment möchte ich Ihnen auch noch nennen: In diesem Semester in der Mitte meines eigenen Seminars habe ich dann gemerkt, wie ein, zwei Gruppen ganz anders präsentierten. Sie haben sich mit einem anderen Selbstverständnis vorne hingestellt, sie haben auch bestimmte Strukturen, die wirklich stärker wissenschaftlichem Arbeiten entsprechen, genutzt. Da habe ich zum ersten Mal wirklich gemerkt, die Studierenden befinden sich jetzt auf einem anderen Level als zu dem Zeitpunkt, wo sie angefangen haben. Das ist für einen selber als Lehrer ein ganz besonderer Moment, wenn man merkt, die Studierenden sind ein Stück weiter. Und das war für mich in dem Moment tatsächlich greifbar. Ich dachte mir, das liegt natürlich nicht nur an mir, sondern auch daran, was die KollegenInnen zusammen machen, dass das zusammen einigermaßen funktioniert und man merkt, die Studierenden kommen dadurch weiter. Das war ein wirklich schöner Moment für mich.
Jessica Bettermann